June 18, 2016

Orchestra in Motion

Was ist denn da los? 
Sind wir im Kino? 
Wo sind die Musikerinnen und Musiker? 

Das oder Ähnliches haben sich bestimmt viele der Zuschauerinnen und Zuschauer im Alten Speicher in Ebersberg gedacht....

Die Stühle auf der Bühne leer, von einem weißen Vorhang verdeckt, davor nur ein Flügel. Dann, ganz still und heimlich bewegt sich etwas: Noah Guthart schleicht sich heimlich auf den Hocker vor ebendieser Leinwand und er beginnt zu spielen. All of Me von J. Schmidt. Ein Klaviersolo.
Nach einigen Augenblicken beginnt es auf der Leinwand zu flimmern und ein Film läuft an: Szenen aus dem Orchesteralltag, aus den Proben, aus den schier endlosen Ein- und Ausladevorgängen unserer Instrumente. Alles untermalt von sanften, fast unstrukturierten Melodien. Takt für Takt nimmt das Stück Fahrt auf, es wird rhytmisch, es bewegt sich etwas. Im Film bekommt ein Musiker mitten in der Probe einen Anruf und startet daraufhin eine Telefonkette: Was ist passiert? Das Auto unserer Dirigentin mag nicht anspringen. Im Nu lassen alle ihre Instrumente stehen und liegen und sprinten los, alle helfen zusammen und schieben das Auto an - vom Probenraum bis in den Alten Speicher nach Ebersberg. Noah Guthart nimmt am Klavier weiter an Fahrt auf. Am Höhepunkt des beeindurckenden Solos rollt der alte VW Bus, angeschoben von einer Heerschaar Musikerinnen und Musikern des GJO in die Altstadtpassage in Ebersberg.


Kaum war der letzte Akkord vom Klavier verstummt begann ein mitreißendes Schlagzeugsolo von Benedict Ohmann, die Türen im Saal öffneten sich und aus allen Ecken strömten Menschen mit ihren Instrumenten auf die Bühne. Das Konzert konnte nun so richtig beginnen.
Als alle auf der Bühne ihren Platz gefunden hatten - was unter dem Applaus des ausverkauften Speichers sowie dem immernoch andauernden Drumsolo nicht ganz einfach war - setzte das Orchester als Ganzes ein. Moderator und Sänger Philipp Gassert betrat die Bühne und es ertönte Swingende Notwendigkeit von Bodo Wartke. Was ein bewegter Start in ein bewegendes Programm! 

In den folgenden rund zweiandhalb Stunden schaffte es das GJO auf verschiedene Weisen das Publikum zu bewegen. Mal durch Bewegung auf der Bühne wie bei der Balletteinlage von Miriam Schweinböck zu Camille Saint-Saens Der Schwan aus dem Karneval der Tiere oder bei der ironisch-tollpatschigen Tanzstunde, die Philipp Gassert von Teresa Gruber und Kilian Berger bei Bodo Wartkes Konstanze erhielt. Mal durch Marschierübungen zum Marching-Band Klassiker Seventysix Trombones von M. Willson oder dem fetzigen Bläsersatz aus Café Rosini. Unser Moderator sollte nicht der einzige sein, der eine Einführung in grundlegende Tanzschritte erhielt. Auch die Bewegungskünste des Publikums wurden bei Georgian Dance Lesson durch Sänger Marinus Ortmann eingefordert.

Auch in den Gängen zwischen Bühne und Publikum fand Bewegung statt: Unser Moderator wurde liebevoll von Annette Schregle begleitet. Mit ihren teils artistischen, teils bewegungskünstlerischen, teils clownhaftigen Einlagen umrahmte sie das musikalische Programm an diesem Abend hervorragend. Bei The Artist von L. Bource führte sie den kleinen Pianisten David Khatchatrian wie eine Marionette an sein Instrument.

Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten - Gustav Mahler

Auch Musik allein kann bewegend sein. Eindückliche Beispiele aus dem Programm war die verruchte, dunkle Softrocknummer The Devil you Know von Kovacs, gesungen von Hannah Kreck oder die kraftvolle Ballade Je t'aime von L. Fabian, gesungen von Laura Hemingway. Beide Sängerinnen zusammen überzeugten auch gemeinsam im wunderschönen Duett Make You Feel My Love von Bob Dylan, begleitet vom GJO und seinen Solisten Teresa Gruber (Violine), Helena Peschel (Cello) und Seppi Neuhäusler (Klavier).

Auch für die Fans klassischer orchestraler Musik war etwas geboten: das Klavierkonzert Nr. 2 von Dimitri Schostackowitsch. Hamlet Ambarzumjan beendete mit dem schnelleren, mitreißenderen ersten Satz, dem Allegro, die erste Konzerthälfte. Elisa Feser glänzte dann nach der Pause mit dem einfühlsamen zweiten Satz, dem Andante. Das ganze wurde grandios untermalt von den rund 100 Musikerinnen und Musiker des GJO.

Zum großen Finale des Konzerts kam dann noch einmal wirkliche Bewegung auf die Bühne. Bei Ex's and Oh's von E. King schwungen Bettina, Erich und Michael Beschorner zusammen mit Johanna Pritzl das Tanzbein und zeigten die Vielfältigkeit und Lebensfreude, die Bewegung in Verbindung mit Musik bringen kann.

Wer aus dem Publikum noch Lust hatte selbst sein tänzerisches Können unter Beweis zu stellen, hatte die Möglichkeit, das bei Café Jagdhaus - der GJO eigenen Ska Band - nach dem Konzert im Foyer des Alten Speicher zu tun.
Vor den Konzerten spielten die Grafing HotstiX, die Drumline des Grafinger Jugendorchesters in der Altstadtpassage.

Wir bedanken uns wie jedes Jahr bei allen Unterstützerinnen und Unterstützern vor, hinter und auf der Bühne.
Das Projekt stand unter der Gesamtleitung von Hedi Gruber.

Der Vorbericht in der Süddeutschen Zeitung

Der Nachbericht in der Süddeutschen Zeitung

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